Ein Drabble ist eine meist pointierte Geschichte, die aus exakt 100 Wörtern bestehen muss. Dabei wird die Überschrift nicht mitgezählt. Ursprünglich als Fanfiction betrieben, wird sie aufgrund ihrer einfachen äußeren Form gerne von ungeübten Autoren als Einstieg in Lyrik oder Prosa genutzt. Wikipedia

MÄNNER

Na, was läuft denn nicht mit den Männern frage Ich meine 18-jährige Tochter nach einem offensichtlich mißlungenen Date. “Die meisten Männer sind leider nicht hübsch und die Hübschen überwiegend nicht nett. Richtig nette Männer sind oft hässlich, ausgesprochen hübsche und nette Männer häufig schwul, nette und hübsche Männer sind meist verheiratet. Oder zumindest in einer festen Beziehung, natürlich mit einer hübschen Frau! Nette und nicht so hübsche Männer sind hingegen zu alt oder haben kein Geld. Und wenn doch dann sind sie schüchtern und sprechen dich nicht mal an, verstehst Du? Ich nicke eingeschüchtert und nehme sie in den Arm.

NIMMERMEHR

Komm bloss nicht auf die Idee zu fragen ob wir es noch einmal miteinander versuchen, Das kannst Du dir komplett abschminken. Ich falle sicher nicht mehr auf dich rein. Jeder geht seinen Weg. Ich komme jedenfalls wunderbar zurecht ohne dich. Bleib du mal ruhig bei diesem Lackaffen, ihr passt wunderbar zusammen. Und das Haus das ihr zusammen gekauft habt in diesem Kaff ist übrigens total hässlich, und eure Kinder müssen durch den ganzen Ort laufen um in die Schule zu gehen. Du warst immer ein bischen doof. Ich wollts dir nur sagen, aber du rufst ja nie an. Blöde Kuh.

NICHTANFASSEN

Wenige Tage nachdem Ich mein Dating-Profil um den Zusatz „kann kochen“ ergänzt habe meldete sich promt eine junge Osteuropäerin und lud sich bei mir zum Essen ein. Nach dem Essen, einem Film und netten Gesprächen beschloss sie über Nacht zu bleiben. Sie wünschte mir eine gute Nacht und fügte lächelnd ein „Aber nicht Anfassen“ hinzu. Schade, dachte Ich, und schlief ein. Am nächsten Morgen beschwerte sie sich beim Frühstück daß Ich sie nicht garnicht beachtet hätte und so einfach eingeschlafen sei. Ausserdem hätte Ich geschnarcht und im Schlaf gefurzt. Mein Dating-Profil habe Ich zwischenzeitlich um „habe keine telepathischen Fähigkeiten“ ergänzt.

WATERLOO

Morgens teilte mir mein Sohn mit er habe eine tolle Idee, er würde gerne ein paar Semester studieren. Anfangs teilte Ich seine Euphorie, bis zu dem Moment als er die Uni von Melbourne erwähnte. Melbourne, Australien. Weiter weg als der Mond. Den konnte Ich immerhin gelegentlich sehen. Im Büro eröffnete mir mein Chef er könne eigentlich nicht auf mich verzichten, er tue es aber trotzdem und wünsche mir viel Glück. Abends sagte mir meine Frau dann sie würde sich scheiden lassen, ob Ich die gemeinsame Wohnung bitte zum 31.November kündigen könnte? Dumme Kuh. Der November hat doch nur 30 Tage!

GESUNDHEIT

Niesen sollte man in keinem Fall unterdrücken. Niemals. Der Rotz muss einfach raus. Wieviel Sinn macht es denn sich den Glibber mit annähernd Schallgeschwindigkeit ins Hirn und in die Hohlräume zu jagen? Genau so verhält es sich nämlich mit dem Furzen. Ich habe schon immer bei jeder Gelegenheit gefurzt. Egal ob knatternd laut oder würzig leise. Wirklich. Stinker mussen eben einfach raus, ansonsten wandern sie unaufhaltsam die Wirbelsäule hoch ins Hirn, manifestieren sich dort und produzieren ausgesprochen dumme Gedanken. Und dann wundert man sich warum viele Leute, im Besonderen meine Frau, von Zeit zu Zeit so unglaublich beschissene Ideen kriegen.

NICHTVOLLTOLL

Erst sagte sie: „Du bist voll toll“, dann fand sie mich „sehr geil“. Als Ich ihr dann anvertraute daß Ich gelegentlich bei manchen Filmen Taschentücher mit ins Kino nehmen musste, so nahe gingen mir manche Szenen, versprach sie mich nicht zu verraten. Ich gestand Ihr daß Ich schrieb und ihr jeden Tag neue Welten erschaffen würde. So sehr mochte Ich sie. Und sie wollte um meine verrückten Welten herum Hollywood erbauen. Das war letztes Jahr, und plötzlich habe Ich nichts mehr von ihr gehört. Neulich habe Ich erfahren daß sie ihren Ex geheiratet hat. Und hat mich nicht mal eingeladen.

TRAUMFRAUSCHAUM

Meine Superdupertraumfrau lebt weit weg im Norden. Woher Ich weiß daß sie ein Traum ist? Ich kenne sie schon lange und war schon mit ihr zusammen. Und hab sie gehen lassen. Seitdem versuche Ich ihr Herz zu gewinnen. Alle paar Jahre starte Ich einen Versuch, recht erfolglos, entweder sie ist in einer Beziehung oder will alleine sein. Mal muss sie sich finden, mal muss sie ihre Mitte finden. Nach langer Funkstille scheint sie letzten Sommer ihre Mitte wiedergefunden zu haben. Und einen neuen Freund gleich dazu, und vermutlich auch seine Mitte. Ich hingegen sitze zuhause und suche eine neue Strategie.

ZUVIELVERLANGT

Poh, diese elende Warterei. Ihr ging es nicht so gut und als Trost schrieb Ich ihr ein paar schöne Zeilen per whatsapp über die kleine und die große Liebe von Elfriede Mund. Dazu den finalen Beweis daß es doch Einhörner und sogar den Nutellabaum gibt, wenn auch nur an Weihnachten. Seitdem warte Ich. Ich fürchte ernsthaft man wird mich nach der nächsten Eiszeit unter meterdickem Eis finden. Zu Tode gewartet werden die Archäologen sagen. Ganze Bücher werden sie dieser nahezu griechischen Tragödie in einer fernen Zukunft widmen. Ich warte weiter. Es wird langsam kalt. Kann man denn nicht gleich antworten?

WARTEN

Super, gerade die Bahn verpasst, jetzt komme Ich sicher zu spät ins Büro. Was für ein Scheiss aber auch. Die nächste Bahn kommt in 20 Minuten. Ich überlege, wenn Ich jetzt loslaufe komme Ich 10 Minuten zu spät. Warte Ich, dann sind es nur 5 Minuten. Und Ich wäre nach beim Laufen erschöpft. Noch 15 Minuten. Ich überlege noch und wäge ab. Diese Warterei nervt mich. Ich bin schrecklich ungeduldig. Als die Geduld verteilt wurde habe Ich nichts abbekommen. Ich wollte ja nicht die ganze Zeit warten und bin früher gegangen. Noch 8 Minuten. So, Ich laufe jetzt. Scheiss Warterei.

PECH

Dies ist die fiktive, wenn auch im Kern wahre Geschichte von Nanga Elboko, der eines schönen Nachmittags in einem kleinen Land in Afrika beim Golfspielen mit einem technisch perfekt geschlagenen Ball das Cockpit eines landenden Düsenjets der heimischen Luftwaffe auf dem benachbarten Flugplatz traf, der Pilot beim Landen die wenigen Maschinen der Luftwaffe beschädigte, und Elboko, der, nachdem er den Schaden wahrheitsgemäß seiner Haftplichtversicherung gemeldet hatte, die sich wiederum weigerte den entstandenen Schaden im dreistelligen Millionenbereich zu bezahlen, sich kurzerhand deswegen das Leben nahm indem er sich am Abend an einem Baum erhängte, auf dem Golfplatz, gleich neben der Startbahn!

HELLOWEEN

Wie sich die Zeiten doch ändern. Noch vor wenigen Jahren liefen die Kinder aus der Nachbarschaft, meist gruselig verkleidet, von Haus zu Haus, klingelten an der Tür und sagten artig ihr Sprüchlein auf: „Gib uns Süsses sonst gibt`s Saures und wir spielen dir einen Streich“. Woraufhin Ich eingeschüchtert von dieser verbalen Drohung den Kindern auch immer meinen gesamten Süßwarenbestand aushändigte. Ein Jahr später hiess es dann nur noch „Gib uns Süsses, sonst gibt’s Saures“. Und letztes Jahr hörte man dann nur: „Süsses oder Saures!“ und der kleine Kerl heute Abend stammelte nur noch „süß-sauer“. Ja sind wir hier beim China-Take-away?

DAHEIM

„Daheim“, so lautet für meinen Sohn offensichtlich die Definition, „ist da wo sie dich reinlassen müssen“. Kommt doch der Bengel letztes Wochenende um halb vier nach Hause, klingelt mich wach, hält sich am Türrahmen fest und hält eine Rede: „Hi Pap, ja, Ich weiß, es ist spät, Ich hätte anrufen können, Ich habs aber vergessen, Ich hab etwas getrunken, bin total besoffen, und gekotzt hab Ich auch schon. Ich weiß, Du bist sauer, wir streiten, du hast Recht, Ich bin müde, Ich geh jetzt ins Bett, Gute Nacht.“ Ich schliesse sprachlos die Tür und gehe zurück in mein Bett.

IMPROVISATION

Gehe auf die Bühne und erzähle wie Ich eine gute Idee für eine Geschichte habe, das Telefon klingelt und Ich nach dem Auflegen alles vergessen habe. Neue Geschichte überlegt, notiert und gespeichert. Zum Slam gefahren und dort gemerkt dass Ich den Text vergessen habe. Drucker und Internetanschluss gesucht. Der erste Slammer ist schon durch. Drucke Text aus. Auf dem Weg zur Bühne fällt mir auf daß die Schrift ist zu klein. Hole Lesebrille aus dem Auto und gehe direkt zur Bühne. Bemerke daß es der falsche Text ist. Gehe auf die Bühne und erzähle wie Ich eine gute Idee ….

FOLGENLOS

„Ungeschehene Dinge lösen oft einen katastrophalen Mangel an Folgen aus“ sagte Ich und schaute ihr bei unserem ersten Date tief in die Augen. Was hätten wir für ein schönes Leben haben können. Wir hätten hübsche Kinder gehabt, vielleicht einen Bauernhof restauriert, wo sie Ihre Pferde hätte halten können, auf einer Weide, gleich hinter dem Haus. Und abends würden wir am Kamin sitzen, etwas lesen und miteinander reden. Wir wären sehr glücklich gewesen. Leider wollte sie mich nicht oder sie hat es nicht verstanden, vielleicht war ihr es auch scheissegal. Na ja, das hat sie jetzt davon, die blöde Kuh!